Fußball bei Union - Über 100 Jahre Tradition
1905. Schüler der Oberschöneweider
Gemeindeschule und der Köpenicker Realschule fanden sich zum
gemeinsamen Spiel zusammen. Meist allerdings zum so genannten
Rennbahnspiel. In der damaligen Luisenstraße (der heutigen Plönzeile)
wurde die Carlshorster Rennbahn von den Schülern zum so genannten
Rennbahnspiel detailgetreu nachgebaut. Galt es doch, einmal selbst ein
bekannter Jockey zu werden und den großen Vorbildern nachzueifern.
Gleichzeitig waren die Jungs aber auch beim Oberschöneweider F.C.
Excelsior als Balljungen und quasi Gerätewart aktiv. Ihre Aufgabe war
es u.a., die Geräte zum Aufbau des Spielfeldes aus den recht entfernt
liegenden Umkleidekabinen zu holen. Nicht lange aber und sie jagten
selbst dem Ball hinterher. In einer Sandgrube hinter der Schule in der
Luisenstraße (der heutigen Plönzeile) fand 1906 die erste Versammlung
statt, auf welcher der Verein Fußball Club Olympia in den Farben
Schwarz Gelb gegründet wurde. Zu den Gründungsvätern gehörten u.a. die
Schüler Fritz Rump, Karl und Willi Berkenhoff, Hans Saupe, Fritz
Wissigkeit, Arno Böttger und Otto Rienitz. Die Mitglieder, später kamen
u.a. noch Otto Kraatz, Fritz Bredow, Adolf Rittinghaus, Karl Fritsche,
Robert Stach und Max Fähnrich hinzu, waren damals ausnahmslos Lehrlinge
und Schüler.
Einige treue Freunde gründeten in Anlehnung an den benachbarten Verein
Lichtenberger SC Frisch Auf mit Frisch Auf einen neuen Verein. Der alte
F.C. Excelsior spaltete sich zwischenzeitlich in Preußen und Vorwärts,
beide Vereine waren aber allein nicht lebensfähig. Da sowohl Preußen
als auch Frisch Auf und Vorwärts z.T. aus Schülern der gleichen Schulen
und Freunden bestanden, fand wenig später eine Zusammenkunft statt.
Ergebnis des Treffens war die Vereinigung zum F.C. Olympia
Oberschöneweide. Zum ursprünglichen FC Olympia kam somit der Name des
Ortsteiles hinzu. Probleme gab es zunächst bei der Suche nach einer
geeigneten Vereinsunterkunft. Letztlich kam man im Kaffeelokal (Lokale
mit Bierkonzession durften von den meist sehr jungen Mitgliedern nach
den damals gültigen Bestimmungen nicht betreten werden) von Frieda
Appelt unter, welche den jungen Burschen das Abhalten von Sitzungen in
ihrem Etablissement gestattete.
Am 17. Juni 1906 fand die eigentliche Gründungsversammlung im Lokal
Großkopf, Luisenstraße 17 (heute Plönzeile Nr. 41) statt. Auf der
folgenden Versammlung (etwa einen Monat nach Gründung) beschloss man,
sich als Jugendmannschaft dem F.C. Helgoland 1897
(Neukölln/Hasenheide), welcher 1906/07 Achter der Berliner
Meisterschaft wurde, anzuschließen, und von dieser Zeit an hieß der
Club offiziell: B.T. und F.C. Helgoland/Abtlg. Oberschöneweide. Ende
1906 kam der damalige Vorstand zu dem Schluss, dass der Verein unter
den Farben von Helgoland sportlich nicht mehr vorwärts komme, und so
führte man am 10.02.1907 Anschlussverhandlungen mit dem Deutschen
Meister von 1905, also mit B.T. und FC Union 1892. Der Anschluss an die
im Süden beheimateten Blau Weißen kam nach deren Einwilligung zustande
und man führte nunmehr den Namen B.T. und F.C. Union 92/Abtlg.
Oberschöneweide. Zu dieser Zeit spielte Union auf dem Platz, auf dem
heute die AEG (AEG/TRO) steht, Später wurden die Spiele auf dem Gelände
der N.A.G. (WF/Samsung) ausgetragen.
Nicht lange und sowohl die klassenmäßig zugeteilten Vereine als auch
der Mutterverein mussten die Ebenbürtigkeit und Überlegenheit der
Abtlg. Oberschöneweide anerkennen. Es reifte der Plan, sich auf eigene
Füße zu stellen, und am 14.03.1910 erfolgte auf einer
Generalversammlung die Losung vom Stammverein auf freundschaftlichste
Weise. Dem Mutterverein Union 1892 auf Grund der letzten drei Jahre zu
Dank verpflichtet, nahm man nun in den neuen Vereinsnamen das Wort
Union mit auf. Der Verein nahm den Namen Sport Club Union
Oberschöneweide an.
Die erste feste Spielstätte
Inzwischen war das alte Spielgelände (Sportanlagen kannte man damals
noch nicht) langst bebaut worden. Die ehemaligen Badewiesen waren dem
stattlichen N.A.G. Komplex (später WF/Samsung) gewichen. Die Ausdehnung
der Industrievorstadt Oberschöneweide machte es notwendig, sich am
äußersten Ende des Ortes eine neue Kampfbahn zu erstellen. Man fand
dieses Gelände schließlich in der verlängerten Wattstraße. Zehn Jahre
(bis 1920) sollte diese Spielanlage die Heimat des Vereins bleiben.
(Heute befindet sich auf dem Gelände eine Kleingartenkolonie in der
Nähe eines Autohauses der Adam Opel AG, Auch Spuren des damaligen
Vereinslokals mit dem Namen Knappe, später ein Konsum
Lebensmittelgeschäft, existieren noch in der heutigen Fritz Kirsch
Zeile/Ecke Wattstraße, ehemals Westendstraße/Ecke Wattstraße)
Umzug in das "Stadion an der Alten Försterei"
Die Ausbreitung der gewaltigen Industrieanlagen sowie das damit
verbundene ständige Anwachsen der Bevölkerung Oberschöneweides macht
die Spielstätte der Unioner in der Wattstraße ab 1920 bebauungsreif und
Union war somit erneut auf der Suche nach einer neuen Heimstatt. Diese
fand man schließlich draußen in der Wuhlheide, kurz vor der Kathreiner
Fabrik am Ortseingang von Köpenick, dort an der Chausseeabgabelung nach
Sadowa, in der Nähe der Königlichen Jägerei (ehem. Landjägerei) bzw. An
der Alten Försterei. Am 07.03.1920 wurde die Sportanlage offiziell mit
einem Treffen gegen Viktoria 89 ihre Bestimmung übergeben. Die
abschließenden Arbeiten am Stadion waren soweit gediehen, dass am
07.08.1920 um 18.00 Uhr mit dem Besuch des Deutschen Meisters, des 1.
FC Nürnberg, die festlichen Einweihung begangen werden konnte. Vor der
damaligen Rekordkulisse von über 7.000 Zuschauern (bei einem
Fassungsvermögen von 10.000) siegte der Gast knapp und recht glücklich
mit 2:1 über den Berliner Meister.
Die Unionfans
Schon immer standen Union Fans den Kickern aus Oberschöneweide/Köpenick
treu und fest zur Seite. Begriffe wie Treue, Enthusiasmus,
Begeisterungsfähigkeit, aber ebenso erstaunliche Leidensfähigkeit
werden den Unionern von jeher zugesprochen. Manchmal gelten sie als
etwas nachtragend und wenig kompromissbereit und werden schon mal als
"liebenswerte, rotznäsige Rabauken" betitelt. Aber immer auch
verkörpern Unioner die typische "große Berliner Schnauze mit viel
Herz"! Humor, gepaart mit einem kleinen Schuss Überheblichkeit, sind
durchaus ebenso Tugenden der Union Fans wie die Fähigkeit zur
Selbstironie. Typisch Berlin eben!
Erstaunliche Zuschauerzahlen sind bereits seit den Anfangsjahren
überliefert. Da sahen z.B. am 10.06.1923 immerhin 64.000 Zuschauer das
Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Im ausverkauften Grunewald
Stadion, dem Vorläufer des späteren Olympiastadions, ging das Finale
gegen den Hamburger Sportverein zwar 0:3 verloren, die Unterstützung
für die Unioner blieb aber bis in die Schlussminuten ungebrochen! Die
Schlosserjungs, von der Oberspree waren in aller Munde und längst zu
einem Begriff in der Welt des deutschen Fußballs geworden! Auch nach
dem 2. Weltkrieg konnten sich die Unioner ihres treuen Anhangs sicher
sein. Als SC Union Oberschöneweide spielte man im Rahmen des Kampfes um
die Deutsche Meisterschaft das Vorrundenspiel um die
Westzonenmeisterschaft vor einer gigantischen Kulisse. Vor immerhin
70.000 erwartungsfrohen Zuschauer im Olympiastadion spielte man am
18.07.1948 gegen den Vizemeister des Nordens, den FC St. Pauli. Trotz
Niederlage - die SG Oberschöneweide war zu diesem Zeitpunkt
unbestritten die spielstärkste Berliner Mannschaft der Nachkriegszeit.
Auch nach den schmerzvollsten Ereignissen in der Geschichte des Vereins
hielten die Union Fans immer unerschütterlich zu ihrem Verein. Neben
den zwei Weltkriegen bleibt das Jahr 1950 in Erinnerung, als nahezu das
komplette Team in den Westteil Berlins übersiedelte. Am 28. Mai 1950
reiste die von Johannes Sobeck trainierte Mannschaft Unions ohne
Erlaubnis und ohne Papiere zum Spiel der Endrunde um die Deutsche
Meisterschaft nach Kiel. Bis zum Mauerbau pilgerten die Union Fans
nunmehr auch zu Tausenden in das Poststadion, um ihre Unioner
anzufeuern. Nach dem Mauerbau und trotz diverser Umbenennungen: Auch in
der eigentlichen Heimat, dem Stadion An der Alten Försterei, wurden die
Unioner von ihren Fans nie im Stich gelassen. Auch oder erst recht
nicht, als der heutige 1. FC Union Berlin nach seiner offiziellen
Gründung am 20. Januar 1966 zwei Jahre später zwar sensationell den
nationalen Pokal gewann, dan aber dennoch nicht am Europacup teilnehmen
durfte. Weder Überwachungsmaßnahmen seitens der Polizei und des
Mielke-Ministeriums noch sportliche Benachteiligungen konnten die Union
Fans davon abhalten, ihrem Verein über all die Jahre treu zur Seite zu
stehen. Zwischen all den Vereinen mit den Namen Lok, Chemie, Vorwärts,
Dynamo, Stahl, Aufbau, Einheit oder Aktivist stand schon allein der
Vereinsname 1. FC Union Berlin für etwas Besonderes.
Als nach der politischen Wende und der Einheit Deutschlands ein neues
und nicht minder schweres Kapitel der Klubgeschichte aufgeschlagen
wurde, waren es erneut die Union Fans, die immer wieder von sich reden
machten. Am 27. Januar 1990 war die Welt scheinbar noch in Ordnung, als
51.270 Zuschauer aus einem Freundschaftsspiel im Olympiastadion
zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union ein wahres Freudenfest machten.
Später jedoch sorgten Lizenzentzüge und damit verpasste Aufstiege für
immer dünner werdende Luft bei den Eisernen, Im Jahre 1993 wähnte man
sich dennoch am Ziel aller Träume. Unter Trainer Pagelsdorf stieg das
Team um Barbarez, Piekenhagen und Rehmer in den bezahlten Fußball auf.
Die Spielpläne standen fest, die Unioner feierten ununterbrochen seit
mehreren Tagen und erfuhren dann aus der Presse vom grausamen
Lizenzentzug. Was also tun? Kämpfen, das war das Motto in diesen Tagen.
Manche Mahnwache und Protest Demo wurde abgehalten, der Regierende
Bürgermeister sah sich zu einem Statement veranlasst und über 10.000
Unterschriften wurden in nur wenigen Tagen gesammelt. Alles, um den DFB
zum Umlenken zu bewegen, Vergebens. Der Verein war nahezu hoffnungslos
überschuldet, sämtliche Rettungsversuche schienen gescheitert. Als nach
weiteren Lizenzentzügen im Februar 1997 die Presse vom unvermeidlichen
Konkurs berichtete, schienen alle Messen gesungen. Und wieder begannen
die Union Fans, um ihren Verein zu kämpfen. Ein Fanrat bildete sich und
koordinierte die Aktionen, regelmäßige Fantreffs dienten der
öffentlichen Information der Unioner. Am 23. Februar 1997 kam es zur
großen Rettet Union-Demo. Über 3.000 Unioner marschierten durch das
Brandenburger Tor und machten so auf sich und ihren Verein aufmerksam.
Es war der blanke Überlebenskampf. Bis im Januar 1998 die Kinowelt auf
Union aufmerksam wurde.
Durch das finanzielle Engagement der Kinowelt ist bei Union viel
passiert. Der Aufstieg in die 2. Liga, das Pokalfinale und die
Teilnahme am UEFA-CUP im Jahr 2001 stehen für die in sportlicher
Hinsicht bis dato erfolgreichste Zeit des Vereins nach der Wende.
Einmal Oberliga und zurück
Der sportliche Erfolg war jedoch teuer erkauft, denn nach dem Abstieg
aus der zweiten Bundesliga im Jahr 2004 wurde schnell klar, dass der 1.
FC Union Berlin über seine Verhältnisse gelebt hatte. Als Lizenzauflage
für die Regionalliga verlangte der DFB eine Liquiditätsreserve in Höhe
von 1,46 Millionen Euro, zudem verließen die Leistungsträger den
Verein. Dass durch das Engagement von Fans und Sponsoren (Kampagne
„Bluten für Union“) diese Summe tatsächlich aufgebracht wurde, zeigt
wie stark sich die Anhänger mit dem Verein identifizieren.
Die Lizenz wurde erteilt, allerdings konnte die für die
Regionalligasaison in kürzester Zeit zusammengestellte Mannschaft die
Klasse nicht halten. Der 1. FC Union Berlin spielte somit in der Saison
2005/2006 zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte viertklassig und
hatte damit seinen sportlichen Tiefpunkt erreicht.
In der Oberliga Nordost/Nord hielten die Fans ihrem Verein
glücklicherweise zahlreich die Treue, es war trotz der sportlichen
Situation Aufbruchsstimmung und ein „Jetzt erst recht“-Gefühl zu
spüren. Während der Saison erreichte der Verein gemessen an der
Ligazugehörigkeit mit knapp 6.000 Zuschauern einen sehr hohen
Zuschauerschnitt und schaffte souverän den sofortigen Wiederaufstieg in
die Regionalliga.
Zweite Liga und „neues“ Stadion
In der Saison 2007/2008 gelang der Mannschaft die Qualifikation für die
neu geschaffene 3.Profiliga, ein Jahr später wurde man in dieser
Spielklasse mit 9 Punkten Vorsprung überlegen Meister. Damit war die
Rückkehr in die zweite Bundesliga perfekt.
Dieser Erfolg musste allerdings im ungeliebten Jahn-Sportpark erreicht
werden, da das Stadion An der Alten Försterei von Juni 2008 bis Juli
2009 umgebaut wurde. Mit Hilfe von über 2000 freiwilligen Stadionbauern
aus dem Fanumfeld des Vereins wurden die Stehplatzränge renoviert und
mit einem Dach versehen. Außerdem erhielt das Stadion eine
Rasenheizung. Ein solches Projekt wie der Stadionumbau durch Fans des
Vereins wird wohl in seiner Dimension für lange Zeit ohne Beispiel
bleiben.